ELFRIEDE STEGEMEYER
Elfriede Stegemeyer’s (1908-1988)
Elfriede Stegemeyer’s beginnings in photography and her development of an independent photographic oeuvre were predominantly of an autodidactic nature. From an upper class background (Kaffee HAG), she studied at the Staatliche Kunstschule art school in Berlin, and in 1932 followed the painter Otto Coenen to Cologne, where she lived until 1939. Here, she attended the photography class held at the Cologne Werkschulen. Her only fellow student in the class was Raoul Ubac. Through Coenen, Elfriede Stegemeyer was introduced into the circle of the Kölner Progressive (Cologne Progressives) centred around Franz W. Seiwert and Heinrich Hoerle. She became a member of the Cologne resistance group Rote Kämpfer (Red Fighters).
During this period, Elfriede Stegemeyer experimented extensively with photography and, influenced by the photographic avant-garde of the Weimar Republic, she explored the boundaries and possibilities of the medium. Her work was principally based on the world of everyday objects, which she used as material for her photograms, photomontages, multiple exposures etc. She predominantly employed glass objects, especially drinking glasses for her studies, intended for a (never published) book Die Schule des Sehens (The School of Seeing). She arranged objects in unusual perspectives and dynamic arrangements, creating effects of light and shade. In addition to the still lifes and experimental work, she also photographed Cologne and its environs; a series of shop window mannequins are particularly noteworthy.
In 1935 she travelled with Coenen to Paris. Here, a close relationship developed between her and Raoul Hausmann, with whom she stayed for several months at Ibiza. On the island, she photographed architecture and landscapes. Later, during journeys to eastern Europe, she documented the everyday life of the population there until 1938. Her return to Berlin in 1939 and the outbreak of war in 1939, marked the end of her independent artistic work. In 1941, she was arrested by the Gestapo for high treason, but was released again. Sadly, a large part of her oeuvre was destroyed during a bombing raid in 1943. After the war, she began a second artistic career under the name of elde steeg.
Elride Stegemeyer (1908-1988)
Mit Elfriede Stegemeyer wird eine Künstlerin vorgestellt, die in einer politisch ausgesprochen schwierigen Zeit einen eigenen künstlerischen Weg gegangen ist. In der Zeit der Unterdrückung und Verfolgung der künstlerischen Avantgarde entwickelte Elfriede Stegemeyer einen offenen, experimentellen Umgang mit dem Medium Fotografie, der sie eine Sonderrolle in der deutschen Kunstgeschichte der 30er Jahre einnehmen lässt.
Der Weg in die Fotografie und zu ihrem künstlerischen Oeuvre war weitgehend autodidaktisch. Aus großbürgerlichem Hause (Kaffee HAG) stammend, studierte sie an der Staatliche Kunstschule in Berlin und folgte 1932 dem Maler Otto Coenen nach Köln, wo sie bis 1939 wohnte. Dort besuchte sie an den Kölner Werkschulen u. a. einen Fotokurs, einziger Mitstudent in dem Kurs war Raoul Ubac. Über Coenen fand sie Kontakt zu dem Kreis der Kölner Progressiven um Franz W. Seiwert und Heinrich Hoerle und sie wurde Mitglied in der Kölner Widerstandsgruppe der Roten Kämpfer.
In dieser Zeit experimentiere Elfriede Stegemeyer intensiv mit der Fotografie und in Anlehnung an die Fotoavantgarde der Weimarer Republik erkundete sie die Grenzen und Möglichkeiten des Mediums. Ausgangspunkt ihrer Arbeit war vor allem die Objektwelt der alltäglichen Dinge, die Sie als Vorlagen für Fotogramme, Fotomontagen, Mehrfachbelichtungen, etc. eingesetzt hat. Vor allem gläserne Objekte und besonders Trinkgläser dienten als Material für ihre Studien, die für ihr unpubliziertes Buch „Die Schule des Sehens“ gedacht waren. Sie arrangierte die Dinge in ungewohnten Perspektiven, dynamischen Kompositionen und unter dem effektvollen Einsatz von Licht und Schatten. Neben den Stillleben und Experimenten entstanden auf Aufnahmen in Köln und Umgebung, wobei besonders eine Serie von Schaufensterpuppen hervorzuheben ist.
1935 reiste Elfriede Stegemeyer mit Otto Coenen nach Paris wo sich in kurzer Zeit eine enge Beziehung zu Raoul Hausmann entwickelt. Raoul Hausmann war im März 1933 nach Ibiza gereist und dort als Emigrant geblieben. Stegemeyer’s Begegnung mit Raoul Hausmann führte zur Trennung von ihrem Lebensgefährten Otto Coenen. Zunächst wollten Raoul Hausmann und Elfriede Stegemeyer heiraten, doch dafür war es notwendig, dass Hausmann sich von seiner bisherigen Frau Heta in Prag scheiden ließ. Gemeinsam gingen Hausmann und Stegemeyer auf die für beide gefährlichen Reise nach Prag. Bei einem Zwischenaufenthalt in Berlin bei der Malerin Maragrete Kubicka kam es allerdings zu einem Streit und das Paar trennte sich.
Dennoch nahm Stegemeyer im August des selben Jahres eine Einladung von Hete und Raoul Hausmann nach Ibiza an. Raoul Hausmann betrieb auf Ibiza intensive ethnologische Studien sowohl in Hinsicht auf die Sozialgeschichte als auch auf die natürlichen Gegebenheiten. Auch Elfriede Stegemeyer hatte Interesse an diesem Fachgebiet, welches durch Hausman wohl noch verstärkt worden ist. Gemeinsam haben Hausmann und Stegemeyer auf Ibiza vor allem Architektur und Landschaft fotografiert. Für Elfriede Stegemeyer bot vor allem die traditionelle Architektur mit ihren kubischen Formen eine vorzügliche Vorlage für ihre neusachliche, konstruktivistische Bildauffassung.
Sie konzentrierte sich in ihrem Arbeiten vor allem auf Formen, Texturen und Schichtungen und verzichtet dabei auf jegliches erzählende Detail. Neben der Architektur sind Kakteen und Olivenbäume wichtige Motive als Ausdruck von Kraftstömungen und natürlicher Formenvielfalt. Der Olivenbaum bleibt in den nächsten Jahrzehnten ein Motiv ihrer künstlerischen Arbeit und findet sich auch in späteren Zeichnungen wieder. Von Elfriede Stegemeyer’s Aufenthalt in Ibiza sind sowohl eine Reihe von Einzelaufnahmen und ein handgearbeitetes Album mit 18 Fotografien erhalten. Das Fotoalbum wurde 2008 im Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia im Rahmen der Ausstellung „A. C. Actividad Contemporánea. La revista del GATEPAC (AC, The Magazine Produced by GATEPAC)“ gezeigt.
Ende 1935 führten Auseinandersetzungen mit Raoul Hausmann zur Rückkehr der Künstlerin nach Deutschland. Raoul Hausmann verließ Ibiza 1936 unter dem Eindruck des Vormarsches der Franko Truppen. In den Jahren von 1949 bis 1954 hatten beide Künstler erneut brieflichen Kontakt. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre dokumentierte Elfriede Stegemeyer auf Reisen in Osteuropa das Alltagleben der Bevölkerung. Mit ihrem Umzug 1939 nach Berlin und dem Kriegsausbruch endete ihre künstlerische Arbeit. 1941 wurde sie wegen Hochverrats von der Gestapo verhaftet, musste jedoch aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen werden.
Der größte Teil ihres Oeuvres wurde 1943 bei einem Bombenangriff zerstört. In der Nachkriegszeit begann Elfriede Stegemeyer eine zweite künstlerische Karriere unter dem Namen elde steeg.
Ein Überblick über das fotografischen Werk wurde 1999 vom Kunstverein Bremen publiziert: „Elfriede Stegemeyer. Fotografien“. Die Galerie Priska Pasquer hat die Fotografien in einer Einzelausstellung 2002 vorgestellt. Dem Leben und Werk der Künstlerin widmeten 2010 die Kunstsammlungen Böttcherstraße, Paula Moderson-Becker Museum, Bremen, unter dem Titel „Elfriede Stegemeyer – elde steeg. Doppelleben einer Avantgardistin“ eine Ausstellung mit Katalog.